Vortrag gibt Einblick in die Geriatrie

26.10.2017

Was macht eigentlich ein Geriater? Die Altersmedizin ist im 21. Jahrhundert zu einer der vielbedeutendsten medizinischen Klassifikationen geworden, die vielerorts lange Zeit ein stiefmütterliches Dasein erlebte. Im Landkreis Konstanz blüht die Landschaft geriatrischer Versorgung nun auf. Das ist nicht zuletzt auch Dr. Achim Gowin zu verdanken, dem Chefarzt des Zentrums für Altersmedizin im Gesundheitsverbund des Kreises Konstanz, der am 25. Oktober 2017 einen lebendigen Vortrag vor Zuhörern der Litzelstetter Nachbarschaftshilfe e.V. (LiNa) in der hiesigen Ortsverwaltung hielt.

Gowin konnte mit seiner 30-jährigen medizinischen Erfahrung, zunächst als Internist, heute als Altersmediziner, der zunächst am Universitätsklinikum Bochum tätig war, Vergleiche der Strukturen anstellen und attestierte dem Landkreis nicht nur durch anziehende Kraft der nahen Schweiz auf Ärzte und pflegende Fachkräfte, sondern durch den generell fehlenden Pflegeschlüssel in der Geriatrie, aber auch die knappen Betreuungsplätze in der Kurzzeitpflege gleich mehrere Herausforderungen auf einmal. Wirtschaftlich sei man gut aufgestellt, die mittlerweile bestehende Präsenz des Zentrums für Altersmedizin an mehreren Standorten im Kreis sei ein Zeichen für die wachsende Disziplin, die derzeit mit 60 Betten in Radolfzell am Klinikum ihre größte Einheit aufweist.

Eine Zulassung für eine Institutsambulanz habe man erhalten, sodass nun auch eine enge Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Kollegen möglich sei. Man strebe allerdings auch die Anerkennung als Tagesklinik an, von denen es in Baden-Württemberg, einem der wirtschaftlich erfolgreichsten Bundesländer, bisher überraschenderweise nur zwei gebe. Hier sei noch viel Arbeit im ganzen Südwesten zu tun, appellierte Gowin, der den Zuhörern auch im Blick auf „die“ Alterserkrankung schlechthin Hoffnung machte: Demenzen seien durch einen sich wandelnden Lebensstil nach neuesten Studien erstmals wieder auf dem Rückzug. Und: Viele Hirnabbauerkrankungen, die früher einst als „Alzheimer“ abklassifiziert wurden, könnten heute als unentdeckte Depression gut behandelt werden. Für eine frührehabilitative Behandlung setze die Geriatrie auf ein „Assessment“, eine standardisierte Erhebung wichtiger körperlicher, psychischer und sozialer Faktoren. So könnte ein breites Spektrum an Erkrankungen abgedeckt werden und vor allem Menschen mit vielen verschiedenen Symptomen gleichzeitig, die sich stets neu im Krankenhaus wiederfinden, eine Therapie aus einer Hand – vom Arzt bis zum Ergotherapeuten, vom Logopäden bis zum Seelsorger – geboten werden. Gleichsam müsse die Geriatrie aber auch palliativ tätig werden, aktive Sterbehilfe lehnte Gowin in diesem Zusammenhang strikt ab.

Die 1. Vorsitzende der Litzelstetter Nachbarschaftshilfe e.V., Brigitte Wind, bedankte sich mit einem Präsent beim Referenten, der den Laien mit einfachen Worten in die spannende Welt der Altersmedizin mitgenommen hatte.  

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